Die Akteurin für Heilung

von | 29. Jun 2020 | Gesellschaft | 3 Kommentare

© MIchele Cammarano / Public Domain

Die Ermordung des afroamerikanischen Staatsbürgers George Floyd durch einen weißen Polizisten in den Vereinigten Staaten hat uns alle erschüttert und eine Welle des Protests gegen Rassismus in Nordamerika und auf der ganzen Welt ausgelöst. Es versteht sich von selbst, dass das Thema Rassismus ein sehr komplexes Thema ist, denn es ist uralt und systemisch verwurzelt in unserer Gesellschaft. Diskriminierung und Rassismus sind nicht auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Im Gegenteil, was in Nordamerika geschieht, hat seinen Ursprung hier in Europa. Wir leben heute mit den Folgen dieser Realität, mit den Folgen von Kolonialisierung und Sklaverei.

In der Schweiz nimmt der Rassismus oft eine sehr subtile, indirekte Form an. Sie manifestiert sich in kleinen Sätzen, die von Vorurteilen herkommen und die wir täglich hören. Es beginnt mit kleinen Bemerkungen wie „aber dieser Name kommt doch von einem anderen Land? Ich meine, sie sind nicht wirklich Schweizer“ oder „das ist unglaublich, sie haben wirklich keinen Akzent, woher kommen sie denn?“ bis hin zu rassistischen Witzen, die sich hinter einem „Verstehen Sie das nicht falsch, es ist nur ein Witz, wir sind keine Rassisten“ verbergen. Oder „das passt ganz zu ihnen“, denn, ja, beim Rassismus geht es auch darum, eine Rasse zu stereotypisieren und Verhaltensweisen zu verallgemeinern.

Als Christen, die das Reich Gottes aufbauen, wollen wir sicherstellen, dass wir respektvoll und gerecht agieren. Es liegt in unserer Verantwortung, aufzustehen, wenn Ungerechtigkeit geschieht, weshalb wir der Ungerechtigkeit der Unterdrückten besondere Aufmerksamkeit schenken wollen. Wenn in unseren Gemeinden Menschen ihre Erfahrungen oder Leiden im Zusammenhang mit Rassismus zum Ausdruck bringen, sollten wir das Thema nicht bagatellisieren. Wer kennt nicht schon das berühmte „Ach du übertreibst, heute gibt es in der Schweiz keinen Rassismus mehr“ oder „in der Schweiz ist Rassismus nicht so schlimm“. Diese ungerechtfertigten Überlegungen minimieren die Schwierigkeiten, denen Menschen tagtäglich ausgesetzt sind. Wie könnten wir es wagen, mit einer schwierigen Erfahrung, die Leid verursacht, nicht einverstanden zu sein, nur weil wir diesen gewöhnlichen Rassismus nicht in unserem täglichen Leben erleben? Und schließlich: Wie offen sind wir für Menschen, die täglich Rassismus erleben?

Wir müssen uns als Einzelne, aber auch als Kirche, der rassistischen Ungerechtigkeiten bewusst sein, mit denen viele Menschen hier in der Schweiz und manchmal auch in unseren Gemeinden konfrontiert sind. Die Kirche hat ihre Rolle als Akteurin des Wandels, der Heilung und der Wiederherstellung wahrzunehmen, besonders auch dann, wenn sich die Medien plötzlich einem anderen aktuellen Thema zuwenden. Wir wollen als Christen dafür bekannt sein, dass unsere Kirchen Orte sind, in denen ein konstruktives Zusammenleben jeglicher ethnischen Gruppe oder Hautfarbe möglich ist. Dieser Mentalitätswandel darf uns gerne noch ein bisschen beschäftigen.

Fabienne Fuchser

Gastautorin

Fabienne hat in Lausanne und Genf Recht studiert (Master of Law) und die Anwaltsschule absolviert. Momentan arbeitet sie am eidgenössischen Strafgericht in Bellinzona. In ihrer Freizeit spielt sie Klavier und singt in einem Gospelchor

3 Kommentare

  1. Genau, genau, Zufall oder zugefallen…

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  2. Fabienne Fuchser – Verwandtschaften mit Regionalleitern sind rein zufällig.

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  3. Was ein jeder Gutes tun wird, das wird er von dem Herrn empfangen, er sei ein Sklave oder ein Freier.
    Epheser 6.8

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